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Fachverein Sinologie

Auslandsaufenthalt mit Joshua in Xi'An

Als Student der Sinologie an der Universität Zürich hatte ich ursprünglich vor, meinen Auslandsauf-enthalt direkt nach den ersten beiden Studiensemestern im Herbst 2021 bis Sommer 2022 zu absol-vieren. Aufgrund pandemiebedingter Einreisebeschränkungen in die Volksrepublik China wurde mir diese Möglichkeit leider verwehrt. Ein Jahr später hat dann glücklicherweise alles geklappt, und ich durfte von September 2022 bis Juni 2023 an der Xi'an Jiaotong University als 'Chinese Language Student' verbringen.

Bis Mitte Dezember 2022 waren noch viele pandemiebedingte Einschränkungen in China in Kraft. Dies brachte eine grosse Unsicherheit für meine Anreise nach Xi'an, da ich einer der ersten ausländischen Studierenden war, die wieder nach China einreisen durften. Meine Gastuniversität war dementsprechend unvorbereitet auf die Aufnahme neuer internationaler Studierender vor Ort, und die Kommunikation bezüglich der Registrierung and der Universität war mangelhaft. Nach dreiwöchiger Quarantäne durfte ich schliesslich ins Studentenwohnheim ziehen. Dort lebten haupt-sächlich Studierende, die bereits während der gesamten Pandemie vor Ort waren und mit den geltenden Regeln vertraut waren. Ich hatte das Glück, dass mir viele äusserst hilfsbereite und freundliche Kommilitonen bei der Erledigung aller Formalitäten halfen, und so fühlte ich mich bereits am Ende der ersten Woche sehr wohl. Mein Zimmerpartner war ein russischer Doktorand, der bereits seit fünf Jahren in China lebte. Das Zusammenleben mit ihm war durchwegs eine wertvolle Erfahrung, und ich konnte viel von ihm lernen.

Der Alltag während meines ersten Semesters in Xi'an war stark von der Pandemie geprägt. Morgens mussten wir einen PCR-Test machen, um am sozialen Leben teilnehmen zu dürfen. Gelegentlich wurden auch zwei- bis dreiwöchige Lockdowns und Onlineunterricht angeordnet. Reisen waren von Seiten der Universität nicht gestattet, und unser Alltag beschränkte sich weitgehend auf das Leben auf dem Campus. Gemeinsam mit meinen drei koreanischen Mitstudierenden hatte ich wöchentlich zwanzig Lektionen Chinesischunterricht. Das Niveau und der Inhalt des Unterrichts waren angemessen, und unsere Lehrerinnen waren sehr freundlich und kompetent. In den ersten sechs bis acht Wochen nach meiner Ankunft war ich mit der Anwendung der Sprache im Alltag noch sehr überfordert. Da meine Mitstudierenden jedoch fast ausschließlich auf Chinesisch mit mir kommunizierten, war ich gezwungen, mich anzupassen, und so konnte ich allmählich Fortschritte verbuchen. Die räumliche Beschränkung des Alltags auf den Campus, hatte jedoch auch Vorteile, so habe ich mich in meiner Freizeit viel an sportlichen Aktivitäten gemeinsam mit den chinesischen Studierenden teilgenommen.

Nach Aufhebung der Einschränkungen Mitte Dezember folgte eine Phase der Ungewissheit. So war es mir während der Semesterferien im Januar auch nicht möglich, China über die Grenzen der Stadt hinaus zu erkunden, diese jedoch umso intensiver. Waren zuvor die meisten Sehenswürdigkeiten wie leergefegt, füllten sich diese über die Ferienwoche zum Frühlingsfest wieder, und langsam ging es zurück in Richtung Normalität.

Zu Beginn des Frühlingssemesters kamen viele neue internationale Studierende hinzu, und unsere Klassengrösse verdreifachte sich. Der Unterricht fand nun ausschließlich vor Ort statt, ansonsten blieb alles wie gehabt. Nebenbei habe ich mich entschlossen, mich auf die HSK 5 Prüfung vorzubereiten, und habe zusätzlich zum Unterricht Selbststudium betrieben. Nun war ich auch an einem Punkt angelangt, wo der Fortschritt auf sprachlicher Ebene merkbar war, und das gab mir zusätzliche Motivation. Unsere Lehrpersonen unter-stützten uns im Unterricht ebenfalls bei der Vorbereitung auf die HSK-Prüfungen, und wir erhielten auch reichlich Tipps für tolle Wochenendausflüge. Ebenso erhielten wir eine Vielzahl leckerer kulinarischer Empfehlungen, was eine angenehme Abwechslung nach einem Semester Mensaessen und gelieferten Mahlzeiten war. Von den monatlich durch das Stipendium zur Verfügung gestellten 2500 Yuan konnte ich in Xi’an gut leben. So ging ich abends jeweils auswärts essen und Wochenendausflüge passten ebenfalls gut ins Budget.

Seitens der Universität gab es nun wieder ein breites Angebot an kulturellen Aktivitäten, wie zum Beispiel geführte Museumsbesuche. Die Teilnahme an unterschiedlichsten außerschulischen Aktivitäten war für mich ein Weg, diverse wertvolle Einblicke zu sammeln. Eine besonders eindrückliche Erfahrung war die Teilnahme an einer Aktivität, bei welcher wir in die Provinz Yunnan reisten, um dort als internationale Studenten chinesische Schulen zu besuchen. Der kulturelle Austausch mit den Schülerinnen und Schüler vor Ort war eine wirklich schöne Erfahrung und hat bei mir tiefen Eindruck hinterlassen.

Die letzten Monate vergingen wie im Flug. Nach dem Unterricht und Selbststudium ging ich nun nahezu täglich mit meinen Klassenkameraden und chinesischen Freunden aus. Der Unterricht war nach wie vor spannend und es bereitete mir Freude, das Gelernte direkt im Alltag anwenden zu können. Während dieser Zeit habe ich das Leben in Xi'an in vollen Zügen genossen und so war ich etwas wehmütig, als ich Ende Juni wieder abreiste. Kurz vor meiner Abreise habe ich noch die HSK-Prüfung abgelegt.

Insgesamt war die Zeit in China eine äusserst bereichernde Erfahrung für mich, vor allem betreffend dem Erwerb der chinesischen Sprache sowie der Aneignung eines tiefgründigeren kulturellen Verständnisses. Trotz einigen herausfordernden Situationen habe ich mich stets wohlgefühlt. Der Austausch mit chinesischen sowie internationalen Studierenden ist meines Erachtens eine sehr wertvolle Lebenserfahrung. Etwas bedauerlich war jedoch, dass ich aufgrund der intransparenten Kommunikation nie die Möglichkeit hatte, das Land richtig zu bereisen. Über die gesamte Zeit meines Aufenthalts in der Volksrepublik China hatte ich das Gefühl stets Neues lernen zu dürfen und so bin ich retrospektiv sehr froh darum, diese Möglichkeit wahrgenommen zu haben.


Joshua Gossweiler, November 23

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